Gedankenblitz
Die
Kinder kommen aus der alten Heimat, wo sie auf Besuch weilten. Sie
bringen mir ein Päckchen mit, eine kleine Aufmerksamkeit von einem
Menschen, von dem ich es am wenigsten erwartet hätte.
Dieser
Mensch hatte meine Jugend vergiftet, sagte ich immer. Nichts konnte ich
so tun, dass es ihm recht ist. Und jahrelang lag dieser Druck auf mir.
Auch als ich schon weit weg war.
Die
Zeit heilt alle Wunden. Man wird weiser. Und plötzlich merkst du, dein
Leiden fand in der brodelnden Gedankenküche deines eigenen Ichs statt.
Es saß nicht mit dir am Tisch, es lag nicht mit dir im Bett. Es war
nichts als Rauch und Schwall in deiner Seele.
Du
kannst nicht erwarten, dass Menschen sich dir zuliebe ändern und im
Supermark einen neuen Charakter, ein neues Temperament, eine neue
Blickweise der Dinge erwerben. Nur um dir zu gefallen.
Wenn
dir etwas an den Anderen nicht gefällt, wehre dich, wenn sie dich
verletzen, hör nicht hin, wenn du einen Bogen um sie machen kannst, oder
zahle es mit der gleichen Münze heim, wenn dein Schnabel lange genug
gewachsen ist.
Kurzum,
ich ließ vieles mit mir geschehen, das ich mit der richtigen Strategie
zunichte hätte machen können. Nur kommt die Einsicht meist zu spät. Es
fehlen eben die Gebrauchsanweisungen und erst die Erfahrungen legen
Narben auf die klaffenden Wunden.
Aber
sie kam, die Einsicht. Und ich konnte mich freischaufeln, meine eigenen
Fehler erkennen, konnte verstehen, verzeihen und konnte mich wieder
frei und unbeschwert fühlen. Ich konnte akzeptieren, dass das, was ich
für das Böse in meinem Leben hielt, einfach das Leben schlechthin ist.
Mein Leben gefüllt mit Schönem, Gutem, aber auch mit Enttäuschungen,
Schmerzen und Mißverständnissen. Und ich liebe es, so wie es war, wie es
kommt.
Das
Päckchen an sich interessiert mich überhaupt nicht, nur die Geste zeigt
mir, dass auch das, was uns als steinern scheint, wenn wir nur Geduld
haben, es zu finden, pulsiert. Es hatte und hat ein Herz. Und darum
freue ich mich. Und ich freue mich wirklich ganz doll.